Wie nehmen Sie Arbeit wahr?
Ein „nettes“ Erlebnis zu meiner Frage hatte ich vor ein paar Jahren:
Ich saß konzentriert am Computer und in der Wohnung nebenan wurde umgebaut. Das hatte zur Folge, dass immer wieder Handwerker an meinem Fenster vorbei gingen die mich im Büro sitzen sahen. Leider waren es in diesem Fall Maurer, die es mit der Sauberkeit nicht so genau nahmen. Als ich vor meine Haustür trat, sah ich überall Staub von Ytong-Steinen. Die Herren hatten draußen vor meiner Tür geschnitten und gesägt ohne abzudecken. Wer dieses Material kennt, weiß wie schön sich der feine weiße Staub überall verteilt. Auf den Fenstern, auf dem Weg… – überall dazu noch Fußspuren mit anhaftendem Mörtel. Toll!
Nun bin ich ja nicht gerade auf den Mund gefallen und habe die zwei Männer zur Rede gestellt. Ich ließ auch leicht anklingen, das mir der Bau nicht fremd ist. Die Antwort machte mich dann doch sprachlos: „SIE wollen Ahnung haben? – hocken den ganzen Tag nur am Computer, trinken Kaffee und telefonieren…“
Da hatte wohl jemand ganz falsche Schlüsse gezogen. Für ihn war nur seine praktische Arbeit relevant. Sicher gehörte er zu denjenigen, die abends nach 9-10 Std heimkommen und dann sagen können „ich habe heute viel gearbeitet, ich bin müde“. Wahrscheinlich hat er auch einiges geleistet. Da ich aus dem Handwerk komme habe ich vollste Hochachtung vor Allen, die jeden Tag körperlich hart ran müssen. Aber Arbeit muss nicht unbedingt körperlich müde machen, um Arbeit zu sein. Wir Deutschen mögen es ja sehr gerne mühselig. Die Schwaben wahrscheinlich ganz besonders. Auch mein Vater mit seinem Handwerksbetrieb hat uns Kindern dieses Denken beigebracht und wir haben uns lange nur über die Arbeit definiert. Je länger, je härter – je besser. Das merkt man ja auch an deutschen Sprichwörtern: „erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ oder „Arbeit macht das Leben süß“. Leider ist von der vielen praktischen Arbeit bei uns daheim kaum etwas monetär angekommen, weil mein Vater die Arbeit im Büro regelrecht hasste. Das sah ja auch niemand!
Es gibt zwei Arten von Arbeit. Die, die wir wirklich leisten und die die anderen wahrnehmen.
Geht es uns Allen nicht sonst auch so? Wir gehen durch Büroräume und sehen: Der Mann da am Schreibtisch arbeitet emsig und dauernd am PC, seine Kollegin sehen Sie in der kurzen Zeit, die Sie sich dort umschauen mindestens 3x mit einer Kaffeetasse am Meeting-Point. Unglaublich – die traut sich was! Im Park abends beim Joggen treffen Sie dagegen immer den gleichen Mann, der mit dem Handy am Ohr spazieren geht.
Wer von diesen Menschen arbeitet aber nun wirklich? Der Mann am Schreibtisch könnte ja den halben Tag mit Computerspielen verbringen oder seinen nächsten Urlaub planen? Die Dame aus dem Marketing holt sich Informationen für Blogberichte und Social-Media-Aktionen. Und der der Herr am Handy verdient vielleicht mit seinen Telefonaten in einer halben Stunde an der Börse mehr als wir anderen in einer Woche oder einem Monat.
Wie nehmen Sie persönlich Arbeit wahr? Ihre Antwort darauf würde mich sehr interessieren.